2024-01-07 07:28:15

"Die schönsten Dörfer Russlands”. Oschevenski-Pogost

Vor der Revolution hieß der Ort Oschevenski-Pogost (heute einfach Pogost).

 

Vor der Revolution hieß der Ort Oschevenski-Pogost (heute einfach Pogost). In Pogost blieben zwei grandiose Holzkirchen mit Zeltdächern erhalten. Diese von Gott vergessene Ecke, die dreißig Kilometer von dem alten Kenosero entfernt ist und enge lebendige Verbindungen zu ihm hatte, sowohl handels- als auch kulturelle, wurde als das geistige Zentrum der Olonez-Region verehrt.

Genau hier kam im Jahr 1871 der Wissenschaftler und Wanderer Alexander Fjodorowitsch Gilferding (Slawist, Folklorist, einer der größten Sammler und Erforscher von Heldendichtungen, korrespondierendes Mitglied der Kaiserlichen Sankt Petersburger Akademie der Wissenschaften. Wirklicher Staatsrat. Deutscher von Herkunft.) an und zeichnete eine riesige Menge an Heldensagen auf, die drei umfangreiche Bände bildeten. Gilferding sah den Grund für die Blüte des Epos in zwei Umständen: Freiheit und Einsamkeit. Das heißt, die Freiheit von der Leibeigenschaft und die patriarchalische Lebensweise des hiesigen Bauern. Die lokale Bevölkerung lebte hier immer im Wohlstand, ernährte sich von fruchtbarem Boden und Wasserreichtum.

Nach diesem Wissenschaftler kamen hier nicht nur Folkloristen, Ethnographen und Linguisten, sondern auch Schriftsteller und Kunstwissenschaftler sowie Künstler. In jener Zeit, zusammen mit dem erwachten Interesse der Gesellschaft an der russischen Geschichte, wurde der Russische Norden als Schatzkammer der nationalen Kultur entdeckt. Hier im Norden sahen sie die alte Schönheit der Holzkirchen, kostbare Ansammlungen von Legenden und Märchen, die Volkssprache, klar wie Quellwasser, und einfach unberührte Natur in ihrer Schönheit. Gerade hierher fliegen im Frühling Kranichschwärme. Hier ist ihr Zuhause. Wenn man irgendwo hinter dem Dorf spazieren geht, kann man unabsichtlich ein oder zwei Kraniche aufscheuchen, die mit ihren Angelegenheiten beschäftigt sind.

Vor dem Dorfeingang, der erst hinter der Brücke beginnt, steht ein alter Kloster. Im 14. Jahrhundert kam der Mönch Alexander Oschevenski hierher vom Danilov-Kloster, um die lokale Bevölkerung zu belehren und zum Christentum zu bekehren. Aber sie verbannten ihn buchstäblich aus dem Dorf, weil sie nicht bereit waren, ihre gewohnte Lebensweise zu ändern. Der Mönch gab jedoch nicht nach und gründete an einem abgelegenen Ort hinter dem Dorf ein Kirchenkloster. So steht abseits des Dorfes ein steinernes Kloster, das während der Revolution von 1917 schwer gelitten hat.

Allerdings hat sich Alexander Oschevenski nicht gerade an einem einfachen Ort niedergelassen. Direkt gegenüber des Klosters kann man in den heiligen Wald aus majestätischen Kiefern eintreten, die im Kreis gepflanzt wurden. In der Mitte des Waldes befindet sich ein kleiner See, an dem offensichtlich "Namensgebungen" und andere Riten in alten vorchristlichen Zeiten vollzogen wurden.

Ein Stückchen weiter, etwa zwanzig Meter entfernt, liegt ein riesiger, drei Meter langer Stein, der mit seinem mächtigen Körper den Eingang zu einer großen offenen Lichtung führt. Interessanterweise bleibt dieses perfekt runde Feld seit Jahrhunderten Jungfräulich, ohne dass Bäume und Büsche es überwuchern. Die Bewohner veranstalten hier Volkfeste und halten immer die Tradition ein, in nationalen Gewändern zu erscheinen.

Sobald man die Brücke zum Dorf überquert, betritt man sofort ein märchenhaftes Reich. Dicht an dicht gedrängt und gleichzeitig zum Fluss hin gelehnt, haben sich die riesigen Holzhäuser in einer dichten Reihe am Ufer des Flusses aufgebaut. Jedes Haus ist zweihundert Jahre oder älter. Sie sind alle vom Alter ergraut, haben aber nichts von ihrer Größe verloren. Wenn man sie betrachtet, entsteht nur ein Vergleich - das sind riesige Meeresschiffe, die zur Ozeanfahrt bereit sind.

Aufgrund der starken Fröste und Schneeverwehungen ist das Leben der Familie und des gesamten Hofviehs hier unter einem Dach vereint. Es gibt einen vorderen Wohnbereich und einen Hofbereich. Sie sind durch eine Wand getrennt, aber die Gesamtlänge des Gebäudes ist beeindruckend. Im Erdgeschoss des Wohnbereichs befinden sich in der Regel verschiedene Nebenwerkstätten. Die Menschen leben immer im oberen Stockwerk.

Die Menschen wohnen immer im obersten Stockwerk. Unter dem Erdgeschoss befindet sich ein hohes Untergeschoss, das die Erhabenheit der gesamten Struktur verstärkt.

Wenn man das Haus von der Fassade aus betrachtet, scheint es, als ob das Gebäude gleich auf einen zukommt, da die Enden der Balken umso weiter nach vorne ragen, je höher sie sind. Das Dach ragt bereits über dem Boden. Es entsteht der Eindruck, als ob das Haus in Bewegung wäre, wie ein Schiff. Die Giebel unter dem Dach, eine ziemlich beeindruckende dreieckige Fläche, sind mit bunten Farben bemalt. Meistens sind auf einem blauen Hintergrund zwei einander zugewandte Löwen oder Bären oder Engel und andere Motive abgebildet.

Unter diesen Häusern gibt es nur noch wenige, in denen die Öfen “schwarz” befeuert werden, d.h. bei diesem Ofen gibt es keinen Rauchabzug nach draußen. Und das liegt nicht an Armut: Die zweistöckigen Hütten, gebaut aus massiven Kiefern wie die anderen Häuser, haben in dieser Art der Beheizung einen bestimmten Sinn. Solche Hütten haben hohe Decken, unterhalb derer sich etwa einen halben Meter tiefer entlang der Wände breite Regale oder «Pologi» erstrecken, wie sie hier genannt werden. Der Rauch, der aus dem Ofen austritt, wird zu den Regalen gelenkt. Dort niedergelassen, bewegt sich der Rauch langsam entlang der Wände im Kreis, bemüht sich, in das Lüftungsloch zu gelangen. Die gesamte Rußlage sinkt nicht nach unten und die Menschen atmen ihn nicht ein. Allerdings heizen sich die Balken der Blockhäuser so stark auf, dass kleine Kinder im frostigen Winter barfuß über den Boden laufen. Die gesamte Decke wird natürlich schwarz. Es kam vor, dass die Kinder auf den dunklen Decken einen Sternenhimmel malten. Aber die Wände unterhalb der Böden wurden von den Hausfrauen immer gründlich weiß gewischt.

Seit Urzeiten sind hier traditionelle Handwerke entwickelt worden, mit denen alle notwendigen Geräte und Dekorationsgegenstände im Haushalt hergestellt werden.

Allerdings erfordert der über die Jahrhunderte gewachsene gewohnte Lebensstil der Einheimischen das Zeigen ihrer kreativen Fähigkeiten. Auch heute noch weben die Bewohner jedes Hauses hier Teppiche aus verschiedenen Flicken und Fäden. Die beste Abwechslung von landwirtschaftlichen und häuslichen Arbeiten gilt als das Flechten von vielerlei Bastarbeiten. Wenn man abends in eine beliebige Hütte hineinschaut, kann man sehen, wie, am Tisch sitzend und vom hellen Licht einer Lampe beleuchtet, ältere Ehepaare oder jemand allein bastelt, Holzgeschirr aus Birkenrinde herstellt, lustige Spielzeuge aus fertigen Birkenfurnieren, die neben dem Tisch gestapelt sind. Die Jugend schaut zu, probiert gelegentlich ihre Fähigkeiten in diesem Handwerk aus, aber es ist ihnen nicht angenehm, lange geduldig an einem Ort zu sitzen. Und es bleibt jetzt nicht mehr viele Jugend im Dorf nach dem Abschluss der Mittelschule.

Früher war das Perlenweben hier sehr verbreitet. Man verzierte Gürtel und verschiedene Kleidungsstücke mit Perlen. Im örtlichen Fluss gibt es noch Perlen. Leider haben die Einheimischen jedoch eine sehr komplizierte Methode der Perlengewinnung verloren.

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